Logo






Wann beginnt das Zuchtjahr?

Wann ist der tatsächliche Start in die neue Zuchtsaison für uns Rassegeflügelzüchter?
Beginnt die Saison mit dem Jahreswechsel am ersten Januar oder mit dem ersten Küken? Oder bereits mit dem Zusammenstellen der Zuchtstämme oder dem Sammeln der Bruteier? Oder noch früher- oder danach? Fest steht für mich, dass das neue Jahr mit dem ersten Januar beginnt und mit dem 31. Dezember aufhört. Alles, was dazwischen liegt, hat seine Brisanz, seine Aufgaben, Reize und Tücken. Wie auch immer empfinde ich jedes neue Jahr als spannend und begehe optimistisch den Jahreswechsel, in dem Bewusstsein, dass die Tage langsam länger hell werden... Die Frage: "Hast du alles richtig gemacht?", wird ein paar Monate danach beantwortet und zur Gewissheit. Im negativen Fall weiß man spätestens jetzt, dass man zu mutig war beim Zusammenstellen der Zuchtstämme (siehe Pfeffer, Grau, Blau, etc.) und seinen eigenen Schwächen evtl. doch wieder erlegen war, das eine oder andere Tier zu viel eingesetzt zu haben, auf das man besser verzichtet hätte…


Dass man zu wenige Tiere einsetzt, das dürfte sehr selten, ja sogar fast ausgeschlossen sein, weil wir doch eher weiche Knie bekommen, wenn man auf das eine oder andere hoch ausgezeichnete Tier besser verzichten sollte.


"Klasse statt Masse" muss die Maxime sein, denn nur die allerbesten, vor Gesundheit und Vitalität strotzenden Tiere sollte man einsetzen, wenn man im Vorfeld unliebsame Überraschungen ausschließen möchte. Das klappt bei mir auch nicht immer zu 100 Prozent, aber fast durchweg auf hohem Niveau.


Aber wann beginnt eine Saison? Für mich steht es fest, dass beispielsweise die Saison 2009 bereits mit dem Schlupf der Küken 2008 beginnt! Wie das? Der erste Kükenschlupf der Saison gibt Aufschluss darüber, ob die Befruchtung erfolgreich war. Eine überragende Befruchtung, einhergehend mit einem tollen Schlupfergebnis deutet darauf hin, dass die Auslese der Stammtiere bezüglich Gesundheit/ Vitalität optimal war. Insgesamt eine sehr positive Ausgangslage bezüglich der zu erwartenden Zucht- und Ausstellungserfolge. Idealerweise "piepsen" die Eier nach dem 19./20. Tag und die Küken schlüpfen innerhalb weniger Stunden (möglichst komplett am 21. Tag). Das deutet auf Frohwüchsigkeit hin, ein Faktor, der immer Priorität haben muss. Die ersten Tage/ Wochen des irdischen Kükendaseins geben Aufschluss darüber, wie frohwüchsig der Nachwuchs wirklich ist. Bei einigen Küken zeigen sich die ersten Flügelfedern nach "ein paar Stunden" und bei anderen kann es Tage dauern, bis aus dem Flaum die ersten Federchen sichtbar werden. Das ist für mich die spannendste Zeit in der Kükenaufzucht, denn hier beginnt die Weichenstellung für die kommenden Zuchttiere, auch wenn man mir das evtl. nicht glauben mag, weil es oberflächlich betrachtet, evtl. an Kaffeesatzlesen erinnert…


Woche für Woche werden die Küken stabiler, robuster und "frecher". (Das Selbstvertrauen wächst, würde man bei Menschenkindern sagen). Nach zwischenzeitlicher Scheu, die sie nicht von Geburt an hatten, werden die Tiere wieder zutraulicher. Wenn ich weiß, dass ich bis hier alles Nötige veranlasst habe, u.a. unmittelbar nach dem Schlupf die Marek-Impfung (per Nadel); nach einer Woche die Kokzidiose-Impfung (über das Trinkwasser) und bis zur 6. Woche die Gumboro-Impfung (über das Trinkwasser), dann kann ich mich (ohne nachlässig zu werden) entspannt an der Entwicklung der Tiere freuen. "Es gibt viele Krankheiten- aber nur eine Gesundheit". Wenn man diese Gegebenheit beherzigt, darf man seine wesentlichen Tätigkeiten getrost auf das genaue Beobachten der Tiere beschränken. Die Priorität meiner Beobachtungen bezieht sich in diesen Wochen überwiegend auf die Entwicklung der Federstruktur. Nach vier Wochen sieht man verbindlich, ob die Tiere eine gewünschte Entwicklung nehmen, oder ob einige von ihnen mit der so genannten "Gefiederbremse" ausgestattet sind. Während die erstgenannten Küken nach ca. fünf bis sechs Wochen komplett befiedert sind, zeigen die "gefiedergebremsten" Tiere häufig noch viele Kahlstellen am gesamten Körper (meist sind bis dato nur die kompletten Flügelfedern sichbar- der Rest fehlt zum großen Teil). Auffallend ist, dass dieses Phänomen häufig bei Küken auftritt, deren Eltern mit einer besonders dunklen Grundfarbe und bestenfalls einer mittelbreiten Federstruktur ausgestattet sind. Es gibt auch Ausnahmen, die man Dank lückenloser Buchführung und entsprechend züchterischer Steuerung beeinflussen kann. Solche Ausnahmen suche ich...


Häufig wusste ich nach fünf bis sechs Wochen bereits, welches Hahnenküken in die enge Ausscheidung kommt, bezüglich Zuchthahn! Solche Tiere fallen auf und ragen aus der Masse hervor, wenn man sich mit den Tieren beschäftigt. Diese Hähnchen markiere ich zusätzlich zu den sonst bei mir üblichen Farbringen. Da ich Einzeltiernachweis führe und sämtliche Küken einer Zuchthenne exakt mit der gleichen Farbe (wie die Henne) zeichne, fällt es mir leicht, Tendenzen festzustellen, wie die Küken dieser Henne tatsächlich befiedern. Diese Feststellungen schreibe ich auf, denn es sind wesentliche Erkenntnisse für die Zucht und mein späteres Vorgehen. Flügelmarken, die von manchen Züchtern anstelle bunter Farbringe benutzt werden, mögen eine gute Möglichkeit der exakten Registrierung der Tiere sein- aber mit ihnen ist das Beobachten der einzelnen Tiere weitaus komplizierter. Trägt ein Küken z.B. einen roten, grünen oder gelben Ring, dann kann ich die Geschwister auf einen Blick erkennen und meine Erkenntnisse aufschreiben, ohne die Tiere jedes Mal fangen zu müssen. Nach acht, neun oder spätestens zehn Wochen erhalten die Küken die Bundesringe. Diese Zeit gibt Aufschlüsse darüber, wie kompakt das später fertige Tier werden wird; ob es ein zarter oder ein "strammer" Vertreter der Rasse wird. Nun kann man beweisen, ob man den Wert der Tiere früh erkennt, denn Lieblingstiere werden im Zweifel wohl eher die "besseren" Ringnummern erhalten. Meine "Kükenfavoriten" waren in 2007 beispielweise die 1,0 mit den Nummern 350 und 375, die insgesamt 3x Vorzüglich und 3x Hervorragend auf Sonderschauen errangen. Beide stehen heute in den Zuchtstämmen 1 und 2. Die Eltern meines "Blauen Band-Hahnes" trugen beispielsweise die Nummern 1 (0,1) und 2 (1,0). Beide waren meine Spitzentiere in 2006...


Mit diesen Angaben möchte ich dokumentieren, dass man spätere Ergebnisse im Vorfeld sehr früh erkennen kann, wenn man sich dieser Aufgabe mit viel Zeitaufwand und Spaß an der Sache stellt. Eine lückenlose Buchführung ist hierbei unerlässlich! Aber noch eines wird anhand dieser Beispiele deutlich: Nämlich die Tatsache, dass manche "alte Züchterhasen" die Tiere früh erkennen und die Sonderrichter diese später auf den Schauen ebenfalls "herauspicken" und bestätigen. Das ist ein Kompliment an alle Verantwortlichen in unserem Sonderverein der Zwerg-Rhodeländer-Züchter, denn es zeigt auf, dass die züchterische Richtung stimmt- und was noch wichtiger ist, dass wir alle eine Linie (Richtung) verfolgen. Das war nicht immer so...


Beim Beringen der Küken halte ich zusätzlich die Ringnummern und die Stamm-Nummer der Elterntiere fest. Das sind die ersten Eintragungen. Im Laufe der nächsten Wochen füge ich einzelne Beobachtungen hinzu, die ich aus meiner "Losen-Blatt-Sammlung" übertrage. Bis ein Küken zehn Wochen alt ist, besitzt jedes praktisch einen eigenen "Ausweis", in dem alle inviduell aufgefallenen Stärken und Schwächen vermerkt sind. So weit so gut. Bis 2006 hatte ich jedes Jahr zwei Bruten aufgezogen und mich häufig darüber geärgert, dass die Entwicklung einiger Tiere der zweiten Brut nach dem Zusammensetzen mit älteren Küken (spätestens nach der Geschlechtertrennung) nicht immer den Erfolg brachte, den ich mir wünschte. Bei einem Abstand von zwei Wochen war das weniger tragisch, aber vier Wochen war doch gravierend. Wenn man alle bedeutenden Schauen beschicken möchte, sollten die ersten Tiere Anfang Oktober ausstellungsfähig und in Blüte sein und ca. Mitte November bis Mitte Dezember die zweite Charge (Hannover bis Nationale). Vier Wochen Altersunterschied bitte nur, wenn man die Tiere vernünftig unterbringen kann. Dann ist das höchst sinnvoll. Aus Platzgründen ist mir das leider nicht möglich, da ich ja immer daran denken muss, dass später auch noch die Trennung von Hähnen und Hennen folgt und die Alttiere einen separaten Auslauf benötigen. Die halbwüchsigen Küken fraßen sich voll und pickten die kleineren permanent fort (auch wenn mehrere Futterstellen angeboten wurden. Die Lösung meines "Problems" lag in dem Versuch, mit einer einzigen Brut auszukommen und dennoch auf allen führenden Schauen präsent zu sein. Die Suche nach der besten Lösung habe ich eine ganze Saison (2006) mit mir herum getragen. Viel Gedanken, die mir anfangs einfielen, wurden wieder verworfen, nachdem ich das Für und Wider gegeneinander abgewogen hatte. 2007 war es endlich so weit. Die Idee hierzu kam mir, als ich meine Aufzeichnungen "studierte". Und plötzlich war alles ganz einfach. Kein Platzmangel mehr. Nur noch einmal impfen. Gleichmäßige Fütterung aller Tiere zur selben Zeit. Das hatte etwas...


In den Jahren zuvor fiel die exakte Beobachtung der Nachzucht schwerer, wenn diese bereits zusammen liefen. Wie anfangs erwähnt, gibt es immer wieder Tiere, die fixer und schneller sind in der Entwicklung und welche, die hinterher hinken. Auf den ersten Blick wusste man nie hundertprozentig, ob der Nachzügler wie angedacht, tatsächlich aus der 2. Brut waren oder doch ein Tier der 1. Dekade, das evtl. vor sich hin "mickerte". 2007 gab es nur eine Brut- also war der Nachzügler tatsächlich von der Natur benachteiligt und es viel mir nicht schwer, diesen von der Herde zu trennen. Auch das ist positive Zuchtauslese und führt zu dauerhaft besseren Ergebnissen. Selektion ist nun einmal ein wesentlicher Erfolgsfaktor! Für mich stellte sich anfangs die entscheidende Frage: Wie kannst du die zwei bis vier Wochen kompensieren, um für alle Schauen fertige und blühende Tiere zu haben? Hier kam es mir entgegen, dass ich nie auf einen Typ Tier fixiert bin, sondern bewusst versuche, verschieden Typen zu züchten. Die Lösung bestand darin, dass ich für die ersten Schauen die Tiere nahm, die eine breitere und somit etwas "hellere" Feder aufwiesen (also die, die als Küken mit fünf bis sechs Wochen voll befiedert waren) und für die späteren Schauen die dunkleren, lackreichen Tiere mit fester, mittelbreiter Feder, die sich bei der Entwicklung der Feder mehr Zeit ließen...


Dies natürlich alles in einem gewissen Rahmen. Es fielen auch einige Tiere aus, die mir in der Entwicklung der Feder zu weit hinterher hinkten. Zum einen wird man solche Tiere weder in die Zucht einstellen, noch Ausstellungserfolge erzielen, weil deren Federstruktur einfach zu haarig ist. Deshalb rechtzeitige Auslese! Natürlich musste ich schriftlich festhalten, welche Tiere früh oder etwas später komplett befiedert waren. Das Gedächtnis würde uns ansonsten immer einen Streich spielen! Das tat ich, als die Tiere 13 Wochen alt waren (also exakt drei Monate). Ich zähle die Schwingen jedes Tieres und trug sie in deren "Tierausweis" ein. Die "schnellen" Tiere hatten bereits 5 oder 6 komplette neue Schwingenfedern aufzuweisen. Auch meine zwei erwähnten Hähne gehörten dazu. Ein Großteil der Küken hatte 3 bzw. 4 fertige Schwingen und einige andere erst 2. Den "Negativrekord" hielten 2 Hähne und 2 Hennen, deren 1. Schwinge gerade erst im Ansatz zu finden war. Die beiden Hennen habe ich zu experimentellen Zwecken aufgehoben und die beiden Hähne schieden aus.


Beim Zusammenstellen der Zuchtstämme 2008 achtete ich darauf, dass alle Hähne zu den Frühentwicklern gehörten- u.a. deshalb waren der 350 (6) und der 375 (5) für mich so wertvoll. Diesen Hähnen stellte ich nun Hennen zur Seite, die eine Palette von 2 bis 6 fertigen Schwingen aufwiesen. Dank der unterschiedlichen "Reifezeiten" sollte es gewährleistet sein, dass ich auch die Nachzucht 2008 wieder von Oktober bis Dezember in voller Blüte ausstellen kann- obwohl ich nur einmal brüte...


Das Ergebnis des abgelaufenen Jahres konnte sich trotz einmaligen Brütens sehen lassen. Auf den vier Sonderschauen (Hannover, Hauptsonderschau Lauenhain, Bezirkssonderschau Holzheim und der Nationalen in Dortmund) konnte ich u.a. 6x die Höchstnote v97 und 18x die Note hv96 auf Einzeltiere erringen. Hinzu kamen weitere Spitzennoten in den Zuchtbuchstämmen und zahlreiche Ehrenbänder.
Auf diese Art kann man viel stressfreier Aufzucht betreiben und muss nicht permanent daran denken, welche Impfung steht nun an oder soll ich die Tiere langsam ausreifen lassen oder ist es ratsam, die Entwicklung evtl. über das Füttern etwas stärker zu treiben, wenn die Tiere im Zeitplan noch etwas hinterher sind? Es entsteht weniger Unruhe in den Häusern und Ausläufen der Tiere (letztlich weniger Stress für die Kreaturen und Schonung des Rasen). Alles positive Effekte, die zum Erfolg beitragen. Man gewinnt Platz. Platz ist in der Entwicklung eine wesentliche Voraussetzung für die Gesundheit. Nichts ist schlimmer als Tiere in überfüllten Ställen zu halten, die logischerweise dadurch auch feuchter sind und allen möglichen Krankheiten den Nährboden bieten. Wir müssen uns immer wieder vor Augen halten: Es gibt viel Krankheiten, aber nur eine Gesundheit!


Das Fazit: Solange ich versuche, mit einer Brut "über die Runden zu kommen", so lange muss ich immer nur verschiedene Typen "produzieren".




Der Bericht stammt aus der Feder vom Zwerg-Rhodeländer-Züchter Knut Hoffmeister aus Butzbach
übernommen vom Zuchtbuchobmann des LV Berlin und Brandenburg Erik Lühnsdorf