Aufbau einer Geflügelzucht
Es ist schnell dahingesagt, "Aufbau einer Zucht", doch was gehört dazu und was gilt es zu beachten? Darüber sollen in diesem Beitrag einige Ausführungen gemacht werden.
Den Züchtern, die so etwas vorhaben, kann ich nur empfehlen, sich bei einer größeren Ausstellung einmal umzusehen, was für eine Rasse gefallen könnte. Gleichfalls ist dabei abzuwägen, welche Möglichkeiten gegeben sind, um eine optimale Haltung zu garantieren. Soll es eine Zwerg- oder Großrasse sein? Welche Erwartungen habe ich? Will ich eine Rasse, wo die Leistung stimmt oder soll es etwas fürs Auge sein, ohne Wert auf große Leistungen zu legen? Deswegen sollte jeder Anfänger und jeder, der seine Rasse wechseln will, sich vor der Anschaffung sorgfältig damit befassen, um Eigenheiten und Besonderheiten auf theoretischem Gebiet kennen zu lernen. Das ist zwingend erforderlich, um spätere Enttäuschungen zu vermeiden. Hierzu zählt sicher die sorgfältige Lektüre des aktuellen Standards. Darüber hinaus gibt es über fast jede anerkannte Rasse auch Fachliteratur in Zeitschriften oder sogar Buchform. Auch die Sondervereine sind sicher gern behilflich, Informationen über Ihre Rasse ohne allzu großen Aufwand zu übermitteln. Ohne all die bislang zu Papier gebrachten fachlichen Aussagen zu den einzelnen Rassen wäre der Neuanfänger gut beraten, Züchter, die seine zukünftige Rasse haben, mal zu besuchen, um Einzelheiten im Gespräch zu erfahren. Vielmals wird man als Anfänger mit Fachausdrücken wie Linienzucht, Einkreuzung, Auffrischung, Verdrängungszucht oder Ausgleichspaarung überschüttet. All diese Fragen kann der "alte Hase" in der Zucht aufklären, denn jeder hat mal klein angefangen.
Kaufrausch
Keinesfalls sollte man wahllos kaufen, weil es das gerade gibt, vielleicht auf einer Ausstellung gute Tiere günstig angeboten werden. Man sollte nur Tiere kaufen, die man wirklich haben will, und deren Besonderheiten in der Haltung und Pflege man kennt. Bei manchen Menschen ist das leider nicht so. Sie sehen sich in kürzester Zeit mit speziellen Problemen und vielleicht Besonderheiten dieser Rasse konfrontiert und lassen später oft kein gutes Haar an dem Erworbenen.
Vielfach kommen Kontakte mit anderen Züchtern über die Kleinanzeigen in Fachzeitschriften zustande. Es werden dort viele Rassen angeboten, nur besondere Rassen sind selten im Angebot, dazu sind die Preise meist annehmbar. Das Angebot in unseren Fachzeitschriften erstreckt sich von ausgewachsenen Tieren über Jungtiere und Küken bis hin zu Bruteiern. Der Kauf von ausgewachsenen Tieren und schon etwas größeren Jungtieren ist für den Selbstabholer kaum mit Risiken verbunden, soweit ihm die wesentlichen Merkmale der Rasse vertraut sind. Will man dagegen Küken erwerben, so bedarf es schon erhöhter Aufmerksamkeit.
In erster Linie sollten natürlich der Gesundheitszustand und die Vitalität der Tiere beobachtet werden. Den Wachstumszustand und die Rassereinheit der Tiere kann jedoch meist nur derjenige einschätzen, dem das Aussehen der Küken der entsprechenden Rasse geläufig ist. Grundsätzlich sollte man sich in dem Fall auch die Elterntiere zeigen lassen, um deren Verfassung überprüfen zu können.
Am häufigsten kommt es beim Kauf von Bruteiern zu Schwierigkeiten. Hierfür sind mehrere Gründe ausschlaggebend. Man weiß zum einen nie, wie die Bruteier beim Züchter behandelt werden. Wichtig dabei ist die Raumtemperatur, regelmäßiges Wenden, dazu sollten die Eier frisch sein, keinesfalls älter als 10 Tage. Zudem sollten Bruteier sehr vorsichtig verpackt und transportiert werden, es sind eben Eier!
Es ist der gut beraten, der die Bruteier oder auch Tiere selbst abholen kann, wenn es auch Zeit kostet, aber oft nicht mehr Geld. Auch kann man bei Züchterbesuchen mit den Augen lernen, wie ist die Größe und Beschaffenheit der Stallungen. Die Bestandsgröße bei unseren Hühnern richtet sich nach der Größe des Stalles. Auch sieht man, wie ist der Stall isoliert, wird mit Tiefstreu oder nur mit einfacher, den Boden bedeckender Einstreu gearbeitet. Auf jeden Fall sollte eine Einstreu zum Zwecke des Scharrens vorhanden sein, um zur Bewegung anzuregen. Eine gute Be- und Entlüftung sorgt für ein gutes Stallklima und trockene Einstreu. In den Wintermonaten sollte man den Stall, der sonst mit natürlichem Licht ausgeleuchtet wird - man rechnet allgemein ein Sechstel Fensterfläche im Verhältnis zur Grundfläche - künstlich beleuchtet werden, um den Tag zu verlängern. Damit wird die Legetätigkelt angeregt. Die Anordnung der Sitzstangen sollte rassegerecht erfolgen, was auch auf die Nestgröße und -anbringung zutrifft. Wasserbehälter sind möglichst erhöht aufzustellen, um die Einstreu trocken zu halten.
Will man ein fremdes Tier zur "Blutauffrischung" in die Zucht einstellen, sollte bei Ausstellungsbesuchen dennoch mit Bedacht gekauft werden. Oft wird nach Eröffnung der Ausstellung sofort der Katalog studiert, um hoch bewertete Tiere kaufen zu können. Kauft man, noch bevor man das Tier gesehen hat, weiß man doch gar nicht, was einen erwartet. Auch der Preisrichter kann einmal einen Fehler übersehen haben, oder das Tier zeigt vielleicht ähnliche Wünsche, wie die aus der eigenen Zucht und führt zu keiner Verbesserung. Deshalb sollte man vor dem Kauf sich das Tier betrachten, die Kritik lesen und überlegen, ob das Tier oder die Tiere zusammenpassen. Bei einer Ausgleichspaarung sollten niemals zwei oder mehr Tiere den gleichen Fehler oder identische Wünsche auf der Karte stehen haben.
Verkauft werden bei Ausstellungen nicht nur Einzeltiere, sondern auch Stämme und vereinzelt sogar Volieren, die besonders bei Neuanfängern in der Zucht viel Kaufinteresse finden. Häufig wird aber nicht bedacht, ob der Stamm auch in der Zucht das Gewünschte bringt. Wenn er auch harmonisch wirkt, muss er deshalb noch lange kein ausgeglichener Zuchtstamm sein. Darüber kann in der Regel nur der Verkäufer Auskunft geben, ob man davon gute Nachzucht erwarten kann. Deswegen sollte man, wenn man bei der Ausstellung nicht das Glück hat, den Züchter vorzufinden, sich gleich nach der Ausstellung mit ihm in Verbindung setzen. Dieser kann oft Ratschläge für die erste Nachzucht geben. Außerdem interessiert es jeden Züchter, wer seine Tiere erworben hat. Auch wenn man bei einer Ausstellung zwei V-Tiere kauft, kann man nicht erwarten, bei der Nachzucht nur Spitzentiere zu erhalten. Das geht bestimmt ins Auge, denn in den Tieren gibt es viele unbekannte Erbfaktoren, die sich bei der Nachzucht in die eine oder andere Richtung verstärken können und somit oft auch unliebsame Überraschungen zu Tage fördern. Deswegen ist für einen Anfänger auch das Studium über Vererbungsvorgänge relativ wichtig, denn nur so wird nicht alles dem Zufall überlassen. Wer es zeitlich einrichten kann, sollte seine Zucht mit Fallnestern und einem Einzelschlupf durchführen, um festzustellen, welche Tiere die gewünschten Merkmale vererben. Wer das nicht kann, sollte zumindest über den Zuchthahn genaue Aufzeichnungen machen, damit man nicht einen Hahn einsetzt, der die gleichen Wünsche hat, wie beispielsweise der Großvater.
Zuchtstammgröße
Um erfolgreich sein zu können, sollte man darauf achten, einige Grunderfordernisse zu erfüllen. Größte Aufmerksamkeit muss, wie schon angesprochen, auf die Tierqualität gelegt werden. Man sollte niemals Tiere mit gleichen Fehlern verpaaren. Wobei man immer davon ausgehen muss, dass bei einer Ausgleichszucht immer eine bestimmt Menge nicht ausstellungsfähiger Tiere dabei ist. Vor allem sollte man die Zuchtstämme klein halten. Denn allgemein hat man gute, rassetypische Tiere, die zueinander passen, nicht in der Überzahl. Ein kleiner Zuchtstamm von 1,3 bis 1,5 bringt oft den besseren Erfolg. Manche Züchter nehmen sogar gezielte Paarungen im Verhältnis 1,1 vor, besonders dann, wenn man ohne Fallnester arbeiten kann, aber unbedingt die Küken getrennt haben will. Auch kann man dazu mehrjährige Hähne verwenden, die mit nur einer Henne verpaart oft eine bessere Befruchtung erreichen. Nicht immer ist der Junghahn aufgrund seines Alters der bessere Hahn. Zuchtlinien baut man mit einem edlen Althahn auf, denn der Althahn kann gut drei Jahre und sogar länger erfolgreich befruchten.
Allgemein kann die Zuchtstammgröße bei schweren Rassen bis zu 1,5 betragen, bei leichten Rassen bis zu 1,10. Wichtig ist auch, dass man die Tiere rechtzeitig aneinander gewöhnt. Das erhöht in den meisten Fällen das Befruchtungsergebnis.
Auch sollte man, bevor man in die Zucht geht, die Tiere nochmals von Innen- und Außenparasiten befreien, denn verwurmte Tiere legen oft schlecht. In jedem Hühnerstamm sind Parasiten zu Hause, auch wenn die Hühner keine Krankheitsanzeichen zeigen. Vitale, gesunde Hühner leben mit diesen Schmarotzern in einem Gleichgewicht, dennoch ist eine Befreiung von diesen Parasiten vor der Bruteiergewinnung immer von Vorteil.
Manche Rassen benötigen, neben diesen haltungstechnischen Erfordernissen, noch eine spezielle Pflege für eine optimale Befruchtung. Darüber gibt der entsprechende Sonderverein Auskunft, auch über eventuell besonders zu beachtende Punkte bei Brut- und Aufzucht. Aus diesem Grund kann nur jedem Züchter angeraten werden, für ein doch geringes Entgelt dem Sonderverein seiner Rasse beizutreten. Die Informationen, die man dort speziell für seine Rasse erhält, sind für die erfolgreiche Zucht oftmals unbezahlbar.
Zuchthahnwechsel
Wenn man als Züchter für die eigene Linie einen neuen Zuchthahn gekauft hat und die erste Brut vom alten Hahn machen möchte und später die zweite Brut vom neuen Hahn, so kann ich nur raten, dazwischen mindestens 10 Tage die Henne ohne Hahn zu halten. Wenn man den neuen Hahn eher zusetzt, dann können noch Eier vom alten Hahn, aber auch zwischendurch schon welche vom neuen Hahn befruchtet sein, sodass man keinen genauen Abstammungsnachweis hat. Setzt man den neuen Hahn dazu, kann man nach etwa 3 Tagen, oft schon nach 2 Tagen, wieder mit befruchteten Eiern rechnen.
Umgekehrt ist es aber so, dass bei Verlust des Zuchthahnes, sei es durch Habicht, Fuchs oder Krankheit, man von den Hennen noch etwa 8 oder auch mal 10 Eier als befruchtet ansehen kann, wobei das zwischen den verschiedenen Hennen etwas unterschiedlich ist. Aber wenn man diese Eier sofort sammelt, können noch Küken aus der alten Zuchtlinie erbrütet werden, was oft sehr wertvoll ist. Kommt es jedoch auf solche Dinge nicht an, kann sofort nach dem Verlust des alten Hahnes, den Hennen ein neuer Hahn zugesetzt werden. Damit ist garantiert, dass die neu gelegten Eier zukünftig weiterhin alle befruchtet sind, sofern die eine oder andere Henne den neuen Hahn nicht ablehnt, was vorkommen kann.
Autor: Fritz Schöne, Sebnitz
Quelle: Geflügelzeitung 24/2007